Rechtsprechung zum Grundstücksrecht: Ist der (nachträgliche) Nießbrauchsverzicht eine herausgabepflichtige Schenkung nach § 528 BGB

Das OLG Köln hatte in seinem Beschluss (Beschl. vom 09.03.2017 – 7 U 119/16) aus dem Grundstücksrecht über folgenden Sachverhalt (verkürzt) zu entscheiden:

Die Mutter des Beklagten übertrug im Jahre 1995 das von ihr bewohnten Hausgrundstück auf ihren Sohn. Sie behielt sich in der notariellen Urkunde den lebenslangen Nießbrauch am gesamten Grundbesitz vor. Der Sohn und Beklagte veräußerte im Jahre 2008 das Hausgrundstück. Im Zuge dessen wurde mit Bewilligung der Mutter der Nießbrauch gelöscht. Die Mutter befindet sich seit Dezember 2008 in einem Pflegeheim. Der Sozialhilfeträger macht nun aus übergeleitetem Recht wegen Heimunterbringungskosten Ansprüche gegen Sohn wegen des Verzichts auf den Nießbrauch geltend.

Das OLG Köln hat entschieden, dass der Sozialhilfeträger mit Recht ein Anspruch aus übergeleitetem Recht nach §§ 528 Abs. 1, 818 Abs. 1 BGB zustehe.

Zur Begründung führte das OLG Köln aus, dass der Beklagte durch den Verzicht auf den Nießbrauch durch die Mutter, der unentgeltlich erfolgt ist, eine  Schenkung erhalten habe. Er habe durch den Verzicht lastenfreies Eigentum erhalten. Auf der Seite des Beklagten sei dessen Vermögen dadurch erhöht worden. Eine Pflicht- oder Anstandsschenkung i. S. v. § 534 BGB sei vorliegend nicht gegeben. Insofern sei nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Die Höhe bestimme sich nach der Erhöhung des Verkehrswertes des Hausgrundstücks aufgrund des Verzichts auf den lebenslangen Nießbrauch.

Fazit:

Nicht nur die Übertragung einer Immobilie unter dem Vorbehalt eines Nießbrauchs zugunsten des Übergebers sondern auch der spätere Verzicht auf den Nießbrauch ist als herausgabepflichtige Schenkung nach § 528 BGB zu behandeln. Bei Übertragung von Vermögenswerten unter Vorbehalt von Rechten, insbesondere von Wohnungs- und Nießbrauchsrechten ist für die Zukunft zu beachten, dass bei einem späteren Verzicht ohne Gegenleistung eine weitere Schenkung vorliegt.

Anmerkung: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt auch keine individuelle Beratung durch einen Notar oder Anwalt im jeweiligen Einzelfall!