Erbrecht: Zustimmungspflicht des Nacherben

Eine in Rechtsprechung und Literatur diskutierte Frage aus dem Erbrecht betrifft die Verfügungsbeschränkungen des Vorerben nach §§ 2113 ff. BGB. Ist der im handschriftlichen oder notariellen Testament eingesetzte Vorerbe nicht von den Verfügungsbeschränkungen nach den Vorschriften der §§ 2113 ff. BGB durch den Erblasser befreit worden, so kann der Vorerbe zu Lebzeiten nicht über einzelne Nachlassgegenstände verfügen.

Sind jedoch sämtliche Nacherben mit der Verfügung über den Nachlassgegenstand durch den Vorerben einverstanden, so ist die Verfügung wirksam. Die Verfügungsbeschränkungen der §§ 2113 ff. BGB gelten in diesem Falle nicht. Die Zustimmung der Ersatznacherben sind dann nicht erforderlich. So hat auch das OLG Hamm in seinem Beschluss vom 13.05.2016 entschieden (Az.: 15 W 594/15) und sich der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur angeschlossen.

Was gilt, wenn noch nicht alle Nacherben bekannt sind?

Problematisch wird es nun, wenn im handschriftlichen oder vor einem Notar errichteten Testament beispielsweise geregelt ist, dass als Nacherben die Abkömmlinge der Vorerben eingesetzt sind. Problematisch ist dies deshalb, da nicht klar ist, wer alles als Nacherbe in Betracht kommt, weil erst mit dem Tode des jeweiligen Vorerben feststeht, wer Abkömmling des Vorerben ist. Bis zum Tode des Vorerben könnten noch weitere Abkömmlinge geboren bzw. adoptiert werden. In diesem Falle wäre für die noch unbekannten nicht geborenen Nacherben ein Ergänzungspfleger über das Amtsgericht zu bestellen. Dieser müsste dann die noch nicht geborenen Nacherben vertreten. Ob der Ergänzungspfleger allerdings seine Zustimmung und das Amtsgericht die zusätzlich erforderliche Genehmigung der Zustimmung des Ergänzungspflegers erteilt, ist fraglich. Denn die Zustimmung zur Verfügung führt u. U. zu einem Rechtsverlust, das nachteilig für den potentiellen Erben sein könnte, auch wenn eine Gegenleistung erfolgt.

Praxishinweis: Um die oben beschriebene Problematik zu vermeiden, ist anzuraten, dass im handschriftlichen bzw. vor einem Notar verfassten Testament klar geregelt ist, wer Nacherbe wird. Es sollte sicher sein, dass die Nacherbfolge nicht erst mit dem Tode des Vorerben bestimmt werden kann.

Anmerkung: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und ersetzt auch keine individuelle Beratung durch einen Notar oder Anwalt im jeweiligen Einzelfall!